Czeslaw Niemen – “Ode To Venus”,
CBS 1973 15.03.2014
(In Erinnerung und stillem Gedenken an einen großartigen Musiker, Sound-Pionier und Künstler.)
Die
Fachwelt
ist
sich
einig,
dass
CZESLAW
NIEMEN
einer
der
wichtigsten
Musiker
Polens
war,
ganz
sicher
auch
eine
Ausnahmeerscheinung
und
Rock-Pionier
nach
internationalen
Maßstäben.
NIEMEN
war
jemand,
der
seinen
eigenen
Weg
Schritt
für
Schritt
vorwärts
ging,
vom
Beat
und
Soul
in
seinen
frühen
Jahren
inspiriert,
bis
hin
zu
beinahe
freier
Experimentalmusik
mit
Elektronik
nach
ganz
eigenen
Vorstellungen
in
den
späteren
Jahren.
Jede
seiner
Platte
war
ein
neues
Erlebnis
und
eine
andere
Erfahrung,
die
„Enigmatic“
mit
dem
legendären
Kerzen-Cover
wurde
gar
zum
Kultobjekt
einer
ganzen
Generation
im
Osten.
Der
Westen
hat
sie
schlicht
verschlafen.
Ausruhen
gab
es
bei
NIEMEN
nicht
und
wer,
so
wie
ich
1973
in
Dresden,
ihn
jemals
live
auf
einer
Bühne
erlebt
hat,
wird
die
Eindrücke,
aber
vor
allem
wohl
den
Klang
seiner
Stimme,
niemals
wieder
vergessen
können.
Noch
Jahre
später
hatte
ich
stets
das
Gefühl,
dass
dieser
Mann
mit
seiner
Auffassung
von
Musik
vielen
seiner
Zeitgenossen
um
einiges
voraus
musiziert
hat.
Das
in
diesem
Jahr
1973,
als
ich
CZESLAW
NIEMEN
&
Band
live
erleben
durfte,
erschienene
zweite,
in
englischer
Sprache
eingesungene
Album
„Ode
To
Venus“,
war
auch
das
letzte,
das
er
mit
dem
Trio
SKRZEK,
APOSTOLIS
&
PIOTROWSKI
bei
der
CBS
veröffentlicht
hat.
Nach
dieser
Tournee
mit
NIEMEN
gingen
die
drei
als
SBB
erfolgreich
ihren
eigenen
musikalischen
Weg
weiter,
der
nicht
minder
interessant und erfolgreich werden sollte.
Auf
dem
Album
„Ode
To
Venus“
(Ode
an
Venus)
griff
NIEMEN
teilweise
auf
ältere
Kompositionen
zurück,
die
er
völlig
neu
einspielte
und
sie
mit
englischer
Lyrik
versah.
Wer
genau
hinein
hört,
wird
bald
bemerken,
dass
es
viele
Parallelen
zu
„Marionettki“,
aus
dem
er
Teile
entlehnte,
gibt.
Die
Musik
allerdings
ist
deutlich
durchsichtiger
geworden
und
spürbar
mehr
von
einer
Symbiose
aus
Rock
und
Jazz
beeinflusst.
Die
kantige
Musizierweise
frühere
Alben
ist
hier
eher
einem
progressiven
Touch
gewichen,
den
CZESLAW
NIEMEN
expressiv
mit
Orgelkaskaden
und
Vokalstilistik
prägt,
die
sich
aber,
trotz
der
freien
Ausflüge,
niemals
verlieren,
sondern
überschaubar
und
reizvoll
bleiben,
weil
man
ihnen
in
jedem
Moment
folgen
kann.
Das
Titelstück
„Ode
To
Venus“
eröffnet
genau
auf
diese
Weise
und
entführt
den
Hörer
gleich
zu
Beginn
in
eine
Klang-
und
Musizierwelt
fernab
jeglicher
bisher
gewohnten
Normen.
Das
gilt
selbst
noch
und
erst
recht
40
Jahre
nach
deren
Veröffentlichung.
Man
muss
wirklich
zuhören
wollen,
ansonsten
scheitert
der
ungeübte
Hörer
schon
an
diesem
ersten
Stück
und
wird
keinen
Gefallen,
zum
Beispiel
am
expressiven
Gitarrenspiel
sowie
an
den
Klängen
der
Hammondorgel
und
am
Weiterhören haben.
Das
darauf
folgende
kürzere
Stück
„Puppets“
ist
von
schlichter
Melodieführung
geprägt,
die
vom
Spiel
eines
Pianos
getragen
und
von
NIEMEN’s
expressiven
Gesang,
dominiert
wird.
Die
Instrumentierung
nimmt
den
Sound
später
folgender
Platteneinspielung
vorweg,
ohne
dass
die
Absicht
war.
Das
längste
Stück
dieser
Platte
ist
„From
The
First
Major
Discoveries“
(Von
der
ersten
großen
Entdeckung)
und,
wie
der
Titel
schon
vermuten
läst,
sehr
experimentell
angelegt,
ohne
sich
im
instrumentalen
Spiel
zu
verlieren.
In
dezenter
Bass
-
Begleitung,
gespielt
von
JOZEF
SKRZEK,
und
mit
der
Unterstützung
von
ANTYMOS
APOSTOLIS’
Gitarrenspiel
lässt
sich
NIEMEN
zu
ganz
eigenen
vokalen
Spielereien
und
Ausbrüchen
verleiten,
die
sich
später
im
ausdrucksstarken
Spiel
von
Gitarre
und
Percussion
auflösen
und
irgendwo,
zwischen
Rock,
Jazz
und
Blues, stilvoll enden. Das ist einfach nur grandios gemacht.
Die
zweite
Seite
eröffnet
mit
„What
Have
I
Done“,
sehr
verspielt
und
äußerst
frisch,
um
dann,
ähnlich
wie
beim
Titelstück,
die
expressive
Stimmung
der
Hammondorgel
auszuweiten
und
NIEMENS’s
Gesang
einfach
und
leicht
darüber
hinweg
gleiten
zu
lassen,
um
schon
wenig
später
wieder
in
das
vertrackt
inszenierte
„Fly
Over
Fields
Of
Yellow
Sunflowers“
(
Flug
über
ein
Feld
von
gelben
Sonnenblumen
)
zu
münden.
NIEMEN
selbst
scheint
hier
aus
seiner
Stimme
das
Maximum
des
Möglichen
an
Umfang
und
Klangbreite
herausholen
zu
wollen,
was
mitunter
zu
beinahe
fremd
anmutenden
Tönen
führt.
Das
ist
heftig
virtuoser
Jazz-Rock,
von
leidenschaftlich
und
sakral
anmutenden
Gesangsparts
unterbrochen
und
getragen
vom
exzellenten
Instrumentalspiel
der
Band.
Diese
Stimmung
setzt
sich
mit
„What
A
Beautiful
Woman
Your
Are“
fort
und
auch
hier
glänzt
die
Band
SKRZEK,
APOSTOLIS,
PIATROWSKI
mit
expressiv
gespielten
und
perfekt
aufeinander
abgestimmten Instrumentalparts.
„A
Pilgrim“
wirkt
durch
den
arabisch
anmutenden
Gesang,
den
exotischen
Rhythmus
sowie
durch
das
Spiel
von
Bass
und
die
Einwürfe
der
Mundharmonika
eigenartig,
beinahe
fremdartig
und
dennoch
sehr
emotional.
Einmal
mehr
kann
NIEMEN
hier
stilvoll
demonstrieren,
über
welch
einmalige
und
markante
Stimme
er
verfügt
und
wie
er
mit
diesem
wunderbaren
Geschenk
der
Natur
umzugehen
versteht.
Das
ist
sehr
beeindruckend
und
fast
unwirklich
zauberhaft.
Die
Platte
endet
mit
einem
ziemlich
gewöhnlich
wirkenden
„Rock
For
Mack“,
der
aber
am
Ende
spüren
lässt,
dass
die
Musiker
auch
die
ganz
normale Rock’n’Roll - Tastatur gnadenlos gut und effektiv beherrschen.
„Ode
To
Venus“
hat
vielleicht
nicht
ganz
so
viel
Glanz
und
ist
nicht
ganz
so
ausdrucksstark
dem
Stil
seiner
beiden
polnisch
gesungenen
Vorgänger
nachempfunden,
begibt
sich
dafür
aber
deutlicher
und
wirkungsvoller
in
die
Randbereiche,
um
sich
dort
emotional
und
auf
allerhöchstem
Niveau
auszutoben.
Wer
bereit
ist,
sich
mit
den
Songs
dieser
Scheibe
dorthin
zu
begeben,
wird
zeitgemäße
Ausübung
von
Fusions-Rock
erleben,
als
wäre
der
gerade
erst
gestern
so
entstanden.
Sowohl
damals,
vor
40
Jahren,
als
auch
Jahre
später,
hätte
diese
Scheibe,
und
mit
ihr
der
Künstler,
eine
viel
größere
Aufmerksamkeit
verdient,
weil
deren
beider
Bedeutung
sicher
bis
in
heutige
Tage
nachvollziehbar
ist.
Geprägt
ist
diese
außergewöhnliche
Einspielung
von
einem
breiten
Spektrum
der
Klangvarianten
und
von
verschiedenen
Intonationsmöglichkeiten
eines
CZESLAW
NIEMEN,
die
noch
heute
zu
berühren
vermögen.
Auch
dann,
wenn
man
weder
den
Künstler
kennt,
noch
die
englische
Sprache
beherrscht.
Diese
Musik
von
damals
ist
zeitlos
und
wird
ganz
sicher
die
Zeiten überdauern. NIEMEN starb am 17. Januar 2004, vor nunmehr zehn Jahren, in Warschau an Krebs.